Leiden nur Veganer an Vitamin-B12-Mangel?

von Team Zelltuning
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Das Vitamin B12 wird häufig vor allem mit vegan lebenden Menschen in Verbindung gebracht. Für diese gilt die strenge Empfehlung, B12 durch Nahrungsergänzungsmittel zu supplementieren, um einem Mangel vorzubeugen. Doch sollten sich wirklich nur Veganer über ihren Vitamin B12-Haushalt Gedanken machen oder kann die Supplementierung auch für Nicht-Veganer sinnvoll oder sogar empfehlenswert oder notwendig sein? Im folgenden Artikel klären wir mit den wichtigsten Fakten rund um dieses wichtige Vitamin auf.

Warum ist Vitamin B12 wichtig und wieso ist ein Mangel so gefährlich?

Vitamin B12 ist im Grunde ein Sammelbegriff für verschiedene, eng miteinander verwandte Cobalamine. All diese Cobalamine besitzen ein zentrales Kobaltatom und daran anhängende Seitengruppen, durch die die Cobalaminarten unterschieden werden. Die vier für den Menschen relevantesten Arten sind dabei Methylcobalamin, Cyanocobalamin, Hydroxocobalamin und Adenosylcobalamin. Abgesehen von Cyanocobalamin kommen alle drei Formen so in der Natur vor. Methyl- und Adenosylcobalamin sind zudem bereits bio-aktiv und können vom Körper direkt verwendet werden.

Der Körper benötigt Vitamin B12 für verschiedene Prozesse. So ist das Vitamin insbesondere am Energiestoffwechsel, aber auch an der Bildung roter Blutkörperchen und der Zellteilung beteiligt. Außerdem trägt es zur gesunden Funktion des Immunsystems sowie des Nervensystems bei.

Die DGE empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 4 Mikrogramm für Erwachsene über 15 Jahren. Bei schwangeren oder stillenden Frauen liegt der Bedarf mit 4,5 bzw. 5,5 Mikrogramm pro Tag etwas höher. Dem ist hinzuzufügen, dass der Körper eines gesunden Erwachsenen durchschnittlich etwa 3.000 Mikrogramm Vitamin B12 speichern kann. Nimmt man bei einem vollgefüllten Speicher nicht die empfohlene Menge pro Tag zu sich, kann der Körper das durch diesen Speicher eine gewisse Zeit lang ausgleichen.

Es dauert bei einem durchschnittlichen Bedarf und einem im Allgemeinen gesunden Menschen bis zu sechs Jahren, bis der Vitaminspeicher auf unter 300 Mikrogramm sinkt und erste Mangelsymptome auftreten. Diese Symptome können Kraftlosigkeit, Erschöpfungszustände, Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit und Immunschwäche umfassen.

Wird weiterhin nicht genug Vitamin B12 aufgenommen, entsteht in der Folge ein ernstzunehmender Vitaminmangel, der zu Verwirrtheit, tauben Gliedmaßen, Lähmungserscheinungen sowie motorischen und sensorischen Störungen führen kann. Das Gefährliche an einem Vitamin B12-Mangel ist, dass einige der Mangelschäden im schlimmsten Fall irreversibel sein können. Das bedeutet, dass Einschränkungen wie Taubheit oder Lähmung ein Leben lang bestehen bleiben können. Da der Mangel in der Regel schleichend entsteht, bemerken viele Menschen ihn lange nicht oder führen die Symptome zumindest nicht auf Vitamin B12 als Ursache zurück.

Wie kann Vitamin B12 aufgenommen werden?

Sie sollten daher darauf achten, im Alltag genügend Vitamin B12 zu sich zu nehmen – entweder über die Ernährung oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel.

Zwar hört man immer wieder davon, dass der menschliche Körper auch selbst dazu im Stande ist, das Vitamin zu produzieren. Das ist auch tatsächlich so, wie Untersuchungen des menschlichen Kots gezeigt haben. Aber: Die Produktion findet durch Bakterien im Dickdarm statt, während die Absorption im Dünndarm passiert. Somit ist der Körper nicht in der Lage, das eigenproduzierte Vitamin B12 auch selbst ins Blut aufzunehmen und zu verwerten – zumindest nicht in einer ausreichenden Menge.

Anders verhält sich das bei Wiederkäuern: Kühe, Schafe & Co. produzieren ebenfalls, wie wir Menschen, im Darm Vitamin B12. Durch den Wiederkauprozess gelangt dies zurück in vordere Verdauungsabteile und kann dann vom Körper absorbiert werden. Tierische Produkte wie Milch und Fleisch sind für den Menschen daher die verlässlichsten Milchlieferanten. Auch Fisch und Eier gelten als gute Quellen. Und das Gute: Es handelt sich um ein sehr resistentes Vitamin, das nicht besonders hitzeempfindlich ist. Bei einem Vitamin B12-reichen Produkt ist deshalb auch nach dem Kochen, Braten oder Backen noch der Großteil vorhanden.

Wiederkäuer wie Kühe sind in der Lage, im Darm eigenproduziertes Vitamin B12 zu verwerten. Bildquelle: Unsplash / Fotograf Zoë Gayah Jonker

Da sich aber immer mehr Menschen aus vielzähligen Gründen einer pflanzlichen Ernährung zuwenden, stellt sich gehäuft die Frage, ob es auch pflanzliche Lieferanten gibt.

Pflanzenfressende Tiere nehmen ihren Bedarf an Vitamin B12 zum Beispiel durch Kotrückstände in der Erde, kontaminiertes Wasser oder den Verzehr ihrer eigenen Exkremente auf. Auch befinden sich in wilden Früchten häufig kleine Insekten, über die sie indirekt an eine Vitaminzufuhr gelangen. Bei all diesen Quellen handelt es sich aber wohl für die wenigsten Menschen um in Frage kommende Alternativen.

Spannender wäre wohl eine Versorgung über den Verzehr von Pflanzen. Da Pflanzen jedoch kein Vitamin B12 für ihren Stoffwechsel brauchen, befindet sich in den meisten Pflanzen keine relevante, bio-verfügbare Menge des Vitamins. Auch Gemüse, das beispielsweise mit Kuhmist gedüngt wird, enthält keine ausreichende Konzentration.

In den vergangenen Jahren wurde schon viel dazu geforscht, ob fermentierte Lebensmittel (z.B. Sauerkraut, Kimchi oder (Soja-)Joghurt) den Bedarf abdecken können. Unter gewissen Umständen ist das in der Tat möglich – leider jedoch (noch) nicht bei allen Produkten. Eine sichere Zufuhr kann daher nicht gewährleistet werden, da die Vitaminkonzentration von zu vielen Faktoren im Herstellungsprozess abhängig ist, die nicht immer gegeben sind.

Das gleiche gilt für Algen, die ebenfalls häufig als gute pflanzliche Vitamin B12-Quellen gelten. Insbesondere Chlorella enthält in vielen Fällen eine hohe Menge des Vitamins. Aber: Auch hier kommt es auf die Anbauart an. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass jedes herkömmliche Chlorella-Produkt tatsächlich ausreichend Vitamin B12 enthält.

Denn ohnehin muss neben dem reinen Vorhandensein auch darauf geachtet werden, ob die jeweilige Vitaminvariante auch bio-verfügbar und damit für den Menschen verwertbar ist. Ansonsten wird sie einfach wieder mit anderen Nahrungsresten ausgeschieden.

Bis es also in Zukunft hoffentlich verlässliche Vitamin B12-Quellen durch Algen oder fermentierte Lebensmittel gibt, bleiben nur zwei Optionen: Tierische Produkte oder nahrungsergänzende Vitaminpräparate in ausreichender Dosierung.

Wann sollten auch Nicht-Veganer Vitamin B12 supplementieren?

Für Menschen, die sich vegan ernähren, sollte sich die Frage nach einer Supplementierung also gar nicht stellen, sondern diese selbstverständlich erfolgen. Die Framingham Offspring Study aus dem Jahr 2000 kam allerdings zu dem Ergebnis, dass auch ein großer Teil der Mischköstler zu niedrige Vitamin B12-Serumwerte vorwies. Knapp 10 % litten sogar an einem direkten Mangel.

Unter welchen Umständen sollten also auch diejenigen, die sich nicht rein pflanzlich ernähren, Gedanken um ihren Vitamin B12-Haushalt machen?

Naheliegend ist die Gruppe der Vegetarier: Hier fällt Fleisch als wichtiger Lieferant weg. Da auch Eier nicht zwangsweise eine verlässliche Quelle sind, bleiben nur die Milchprodukte. In einer Studie kam heraus, dass Vegetarier oft nur über ein Drittel der Vitamin B12-Menge eines Mischköstlers verfügen. Wer längere Zeit vegetarisch lebt, sollte also als Vorsichtsmaßnahme zu einem Vitaminsupplement greifen, um spätere Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Wer sich rein pflanzlich oder vegetarisch ernährt, sollte auf eine nahrungsergänzende B12-Zufuhr achten. Bildquelle: Unsplash / Fotograf Anna Pelzer

Unabhängig von der Ernährung sinkt zudem bei Menschen über 50 die Aufnahmefähigkeit aus der Nahrung. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass das in der Nahrung vorkommende B12 in der Regel an ein Protein gebunden ist, was zunächst gespalten werden muss. Diese Prozesse verschlechtern sich mit zunehmendem Alter. In der Folge sinkt die Absorption und eine Supplementierung kann empfehlenswert werden.

Zudem erhöhen einige Medikamente den Bedarf an Vitamin B12. Dazu zählen unter anderem die Folgenden:

  • Gewisse Medikamente zur Hemmung oder Neutralisierung der Magensäure
  • Diabetesmedikamente zur Blutzuckersenkung
  • Blutdrucksenkende Mittel
  • Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen
  • Cholesterinsenkende Mittel
  • Medikamente gegen Gicht
  • Antiepileptika
  • Anti-Baby-Pille
  • Antibiotika

Gleichzeitig führen gewisse Erkrankungen dazu, dass entweder die Aufnahme gehemmt oder der Bedarf reduziert wird, wie zum Beispiel Zöliakie, AIDS, Tumore im Verdauungstrakt, Morbus Crohn, Insuffizienz von Leber oder Bauchspeicheldrüse, Gastrektomie oder eine chronische Gastritis.

Zwei weitere Faktoren, die dazu führen können, dass der Körper nicht ausreichend Vitamin B12 aufnimmt, sind gleichzeitig eingenommene, hochdosierte Vitamin C-Präparate oder eine Narkose mit Lachgas.

In vielen Fällen kann es also auch bei nicht-veganer Ernährung zu einer Mangelversorgung mit Vitamin B12 kommen. Sollten Sie in eine der vorgenannten Gruppen fallen, lassen Sie von Ihrem Arzt einen Bluttest zur Bestimmung Ihrer Vitaminwerte durchführen. Zu niedrige Werte führen nicht direkt zu Symptomen, können wie bereits erwähnt zu einem späteren Zeitpunkt aber schwerwiegende Folgen haben.

Können Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin B12 schädlich sein?

Da es sich um ein wasserlösliches Vitamin handelt, ist eine Überdosierung nicht bekannt. Alles, was vom Körper nicht aufgenommen und verwendet wird, wird über die Verdauung wieder abgegeben.

Außerdem zeigen viele Studien, dass das Vitamin über Nahrungsergänzungsmittel besser absorbierbar und verwertbar ist als über tierische Produkte. In den Vitaminpräparaten kommt es in freier, bio-verfügbarer Form vor und muss vom Körper nicht groß weiterverarbeitet werden.

Zwar kam Vitamin B12 in der Vergangenheit mit dem Gerücht in Verruf, krebserregend zu sein. Diese Hypothese erwies sich aber als falsch: Einige Krankheitsbilder führen dazu, dass die Konzentration des Vitamins ansteigt – und nicht andersherum. Übeltäter ist also die Krankheit selbst, nicht das Vitamin.

Welche der Vitamin B12-Formen (Methylcobalamin, Cyanocobalamin, Hydroxocobalamin oder Adenosylcobalamin) der Körper in Form einer Nahrungsergänzung erhält, ist ihm im Grunde genommen egal. Jedoch sollten Menschen, die rauchen oder an einer Nierenkrankheit leiden, Abstand von Cyanocobalamin nehmen. In Deutschland sind aber ohnehin nur wenige Produkte mit einer hohen Dosierung von Cyanocobalamin auf dem Markt.

Die meisten gängigen Vitamin B12-Präparate verwenden eine Kombination verschiedener Formen. Am besten suchen Sie nach Produkten, die die beiden stoffwechselaktiven Formen Methyl- und Adenosylcobalamin, die dem Organismus ohne Umwege zur Verfügung stehen, sowie die Speicherform Hydroxocobalamin enthalten. Diese Kombipräparate können vorbehaltlos von allen Menschen verwendet werden.

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